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  Die ersten experimentellen Beweise für die Verbindung zwischen Gehirn und Immunsystem erbrachten 1925 Metal’nikov und seine Kollegen vom Pasteur-Institut in Paris. Diese Forscher konnten zeigen, dass durch Konditionierung Versuchstiere in die Lage versetzt wurden, eine normalerweise tödliche Menge von Cholerabakterien abzuwehren. Diese wichtigen Un­ter­su­chun­gen wurden lange Zeit nicht beachtet. Erst seit den 1970er Jahren begann die Psychoneuroimmunologie an Bedeutung zu gewinnen, vor allem durch die amerikanischen Forscher Ader, Cohen und Spector.

Nicht eine kurzfristige „Spannungssituation“ sondern Langzeitbelastungen schädigen das Immunsystem.

Auch diesmal waren die ersten Experimente Kon­di­ti­o­nie­rungs­versuche, die faszinierend aufgebaut waren und eindeutig be­leg­ten, dass das Gehirn sehr wohl in der Lage ist, das Im­mun­sy­stem zu beeinflussen. Danach begannen die Un­ter­su­chun­gen, die sich zunächst mit den Auswirkungen von Stress be­fassten. Die immunologische Reaktion auf den Faktor „Stress“ lässt sich heute leicht nachzeichnen: Auf Kurzzeitstress re­a­giert das Zentralnervensystem, indem das Gehirn (Hy­po­tha­la­mus-Hypophyse-Nebennierenmark-Achse) Botenstoffe zu den Nebennierendrüsen und zu anderen Körperorganen sendet. Das Nebennierenmark setzt Adrenalin und Noradrenalin frei, das Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt und die Muskeln sind besser durchblutet und mit Blutzucker stark versorgt, damit der Körper auf eine effektive Kampf- oder Fluchtreaktion vorbereitet ist. Kurzfristiger Stress löst eine verstärkte Immunreaktion aus und ist nicht schädlich. Ausnahme ist eine Adrenalin-/ Nor­a­dre­na­lin­aus­schüttung, die ein pathologisches Maß erreicht. Mit­tel­fri­sti­ge (mehrere Wochen andauernde) Anstrengungs- oder Stresssituationen setzen das Immunsystem nur dann herab, wenn der betroffene Mensch sich der Situation nicht ge­wach­sen fühlt. Hier spielt die individuelle Bewertung eine be­stim­men­de Rolle. Nicht eine kurzfristige „Spannungssituation“ sondern Langzeitbelastungen schädigen das Immunsystem. Im Falle von Langzeitstress werden die Hormone der Nebennierenrinden aktiv. Langfristig ausgeschüttete, hohe Cortisolmengen können z.B. Organe, in denen die Immunzellen sich regenerieren, teilen und einander Informationen weitergeben (Darm, Milz, Thy­mus­drü­se), extrem schädigen und machen einen Menschen be­son­ders krankheitsanfällig.

 

Aus den Human- und Tierexperimenten wissen wir, dass die Kontrollierbarkeit (also das Gefühl, gegen negative Umstände etwas tun zu können, im Gegensatz zum Gefühl der Hilf­lo­sig­keit) eine sehr bedeutende Rolle in der Stressbewältigung spielt. Visintainer zeigte 1982, dass Versuchstiere, die kontrollierbaren Stressoren ausgesetzt waren, mehr als doppelt so häufig eingepflanzte Tumorzellen abwarfen, als die Vergleichsgruppe mit unkontrollierbaren Stressoren [2].
Zwischen den 1980er und 1990er Jahren konnten zahlreiche eindrucksvoll durchgeführte Tierexperimente zeigen, dass Stress nur dann extrem immunsuppressiv wirken kann, wenn er mit dem Faktor der Unkontrollierbarkeit (Hilflosigkeit) verbunden ist. In den neuropsychoimmunologischen Humanstudien zeigte sich diese Tendenz auch überdeutlich: Lebensbelastungen und Stressoren (wie z.B. Trauer, Erkrankung eines Angehörigen, Arbeitslosigkeit oder Prüfungssituationen) verändern den Im­mun­sta­tus negativ. Diese Veränderung kann jedoch nur dann langfristig anhalten, wenn der Betroffene sich langfristig den negativen Umständen hilflos ausgeliefert fühlt. (Meiner Be­o­bach­tung nach ändert sich das Gefühl der Hilflosigkeit mit der Realisation der Einstellungswerte sofort.)

Deine Einstellung misst der Situation erst ihren Wert zu.

Prüfungsstress kann sogar stimulierend auf das Immunsystem wirken, wenn der Prüfungskandidat sich den Her­aus­for­de­run­gen gewachsen fühlt [3]. Die Bewertung einer Situation ist dem­nach ebenso wichtig wie die Situation selbst.
Der amerikanische Psychologe Lawrence LeShan arbeitet seit über dreißig Jahren mit Krebspatienten. LeShan beobachtete, dass im Falle einer Karzinomerkrankung diejenigen Patienten die größeren Heilungschancen haben, die ihre Erkrankung als eine Herausforderung auffassen: Patienten, die beginnen, ihr Leben zu ändern, vor allem diejenigen, die der Authentizität und der Aktivität einen hohen Stellenwert beimessen, haben eine grö­ße­re Chance. Ersteres bedeutet, dass diese Patienten versuchen, ihr eigenes Leben zu leben. Sie lassen es nicht mehr zu, dass ihnen Gefühle, Werte und Handlungen von außen auf­ge­zwun­gen werden, sondern beginnen, ihre eigene Rolle im Leben, ihren eigenen Lebensstil und ihren eigenen Lebenssinn zu fin­den und zu realisieren.
Im Hinblick auf die Aktivität war bei den Patienten mit einer be­sonders günstigen Genesungsprognose eine gewisse „Trotz­hal­tung“ entscheidend [4]. Brustoperierte Frauen z.B., die käm­pfe­risch und „widerspenstig“ waren, die Fieberkurven ver­schwin­den ließen und mit den Ärzten diskutierten,  

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