beobachtete unter dem Mikroskop, wie ein sehr großes weißes Blutkörperchen an einen bakteriellen Eindringling „andockte“, ihn langsam umschlang und schließlich auffraß. Er nannte diese Blutkörperchen Makrophagen – also „riesige Fresser“. 1890 entdeckte der deutsche Biologe Emil von Behring die „Kampfstoffe“ des Immunsystems – die T-Lymphozyten, die sozusagen die Kommandozentrale des Abwehrsystems darstellen – noch nicht erfasst hatten (genau diese Zentrale wird von Aids vernichtet). Die T-Lymphozyten wurden am Baseler Immunforschungszentrum entdeckt, welches vom Nobelpreisträger Niels Jerne gegründet wurde. Und so sieht (schematisch dargestellt) die Funktion des Immunsystems aus:
Im Knochenmark des Menschen werden weiße Blutkörperchen – Lymphozyten - produziert. Ein Teil von ihnen wandert in unausgereiftem Zustand über die Blutbahn in die Thymusdrüse, die sich am oberen Brustbein befindet, um dort die Entwicklung fortzusetzen. Nach dem Ausreifen in der Thymusdrüse sind die T-Lymphozyten (Thymus-Lymphozyten) in der Lage, Fremdeiweiße oder entartete Eigenzelle im menschlichen Körper zu erkennen. Diejenigen Zellen, die diese Kenntnisse nicht oder lediglich fehlerhaft erwerben, werden noch in der Thymusdrüse abgetötet und dann – wie jedes tote Gewebe – von den Makrophagen aufgefressen. Die ausgebildeten T-Lymphozyten zirkulieren von nun an im Blut, in den verschiedensten Geweben, um dann immer wieder in die Lymphorgane zurückzukehren (Lymphorgane: Lymphknoten, Milz, Mandeln, Peyersche Plaques und Thymusdrüse. Verweilzeit im Blut: 1 Stunde bis maximal 24 Stunden. Lebensdauer: 100-300 Tage). Weil die Thymusdrüse sich von der Pubertät an zurückbildet und im Erwachsenenalter praktisch nicht mehr vorhanden ist, stammen die späteren T-Lymphozyten von den ursprünglich ausgebildeten Zellen. Deshalb funktioniert im Alter das Abwehrsystem nur noch mangelhaft. Nach der Methode der „stillen Post“ nimmt die Präzision der Informationen mit zunehmendem Alter ab.
Was geschieht konkret, wenn ein „geschulter“ Lymphozyt einen Krankheitserreger im Blut oder Gewebe entdeckt? Die T-Zelle schüttet Lymphokine aus, und daraufhin wir die nächste Lymphozytgruppe aktiviert: die B-Lymphozyten. (Diese sind mit den T-Lymphozyten verwandt, werden jedoch nicht in der Thymusdrüse reif, sondern bleiben bis zu ihrer Reifung im Knochenmark. Bone marrow Lymphozyten nennen wir sie deshalb.) Die B-Lymphozyten zirkulieren auch in der Blutbahn und kehren dann immer wieder in die Lymphorgane zurück. Werden sie von den T-Lymphozyten aktiviert, dann übernehmen sie die Funktion einer „Munitionsfabrik“. Sie teilen sich und produzieren Antikörper, die sich an die Oberfläche der Krankheitserreger heften und diese entweder selber neutralisieren oder, indem sie sie markieren und so deren Vernichtung durch die Makrophagen ermöglichen.
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Interessant hierbei ist, dass ein B-Lymphozyt nur gegen einen bestimmten Krankheitserreger Antikörper produzieren kann. Dies bedeutet, dass z.B. gegen Masern ganz andere B-Lymphozyten aktiviert und zur Teilung angeregt werden als gegen Röteln. (Das Immunsystem des Menschen besteht aus mehreren Billionen Lymphozyten, d. h., die Wahrscheinlichkeit, dass jeder in einer bestimmten Kultur häufige Krankheitserreger seinen „Gegner“ findet, ist groß.) Werden die Krankheitserreger vernichtet, so ist die große Anzahl der B-Lymphozyten und ihre hohe Aktivität überflüssig. Nun wird eine andere T-Lymphozytengruppe, nämlich die Gruppe der Suppressor-Zellen, aktiv. Sie dämmen die Immunreaktion ein, bis der ursprüngliche Zustand im Organismus wiederhergestellt ist (diese Funktion ist sowohl vom Nervensystem als auch vom Hormonsystem bekannt). Nach einer Immunreaktion bleiben lediglich einige T- und B-Lymphozyten, die sich während der Verteidigung in Gedächtniszellen umgewandelt haben, als „Neubewohner“ in den Lymphorganen zurück. Bei einem neuerlichen Kontakt mit dem Krankheitserreger stehen sie zur sofortigen Totalabwehr (erworbene Immunität) oder zu einer zumindest schnelleren Gegenreaktion zur Verfügung.
Kann das Immunsystem auch versagen?
Ja. Das Immunsystem funktioniert leider nicht immer vollkommen. Wir kennen zumindest drei Fehlfunktionen:
a) Unterfunktion. Durch eine zu geringe Aktivität können Krankheitserreger nicht effektiv bekämpft oder entartete Eigenzellen nicht vernichtet werden. Dies können wir gehäuft auch bei Organempfängern beobachten, also bei Menschen, die längerfristig mit einem medikamentös unterdrückten Immunsystem leben müssen.
b) Überreaktion. Durch eine überschießende Aktivität, z.B. wenn das Immunsystem auf harmlose Fremdkörper (Blütenpollen, Staub usw.) überzogen reagiert, wird Allergie oder Asthma verursacht. Die steigende Zahl der Allergieerkrankungen wird in der Immunologie auf zweierlei Art erklärt: Erstens müssen die Menschen von heute mit extrem vielen Reizstoffen aus der Umwelt leben: mehr Staub, mehr Farbstoffe, künstliche Duftstoffe und Giftstoffe als noch vor einigen Jahrzehnten. Dadurch wird das Immunsystem einer ständigen Reizung ausgesetzt und reagiert dann hyperaktiv. Die zweite Erklärung bezüglich der immer häufigeren Allergieerkrankungen besagt, dass durch Schutzimpfungen und erhöhte hygienische Bedingungen die ursprüngliche Fähigkeit des Immunsystems – nämlich Schutz vor Bakterien, Viren und Parasiten zu bieten – zu wenig ausgelastet ist. Das Immunsystem beginnt sich also mit harmlosen Fremdkörpern zu beschäftigen, sozusagen aus einer biologischen „Langeweile“ heraus. Plötzlich werden Erdbeeren, Milch oder Blütenstaub als Angriffsziele erkannt, und nun können Lymphozyten mit einer Totalabwehr reagieren.
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