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  überhaupt eignen. Denn es gibt Rassen, die zu sehr auf Frühreife gezüchtet sind, was große Probleme geben würde. Z.B. die Angus und Galloway Rinder wären nicht geeignet. Es gibt Rassen bei denen es geht, auch wenn es am Anfang etwas schwierig ist bis sich alles eingespielt hat.
Auch wir hatten unsere Probleme und haben durch die Erfahrungen dazugelernt. Anfangs hatten wir diese Tierhaltung ja nicht geplant. Wir hatten vorher mit 25 Stück Vieh eine normale Mutterkuhhaltung. Sie kamen im Frühjahr auf die Weide und im Herbst wieder in den Stall. Die Tiere, die wir nicht unterstellen konnten, verkauften wir.
Wenn also ein Wintereinbruch drohte, führten wir die Tiere in den Stall. Dann kam es vor, dass im November wunderschöne warme Tage dazu einluden die Tiere doch wieder auf der Weide zu lassen. Jetzt waren sie aber schon im Stall. Ein Transport war zu aufwendig. Umgekehrt erlebten wir, dass die Tiere im Frühling schon auf der Weide standen und ein später Wintereinbruch ließ sie ohne Schutzräume im Schnee stehen. Wir fuhren dann einen Anhänger auf die Weide, damit sich wenigsten die Kälber unterstellen konnten. Eigentlich wollte ich für die Tiere draußen einen Stall bauen, damit man die Tiere flexibler raus und rein lassen konnte, was jedoch an dem Unwillen meines Vaters scheiterte. Er hatte 10 Tiere, die er selbst sehr liebevoll pflegte. Insgesamt war die Tierhaltung sehr Zeitaufwendig und konnte gerade noch erbracht werden. Als mein Vater kurz vor Winteranbruch starb, hatten wir plötzlich mehr Tiere als wir in den Stallungen aufnehmen und versorgen konnten. Wir mussten in der Not die Tiere auf der Weide lassen, was uns ziemliche Bauchgrimmen verursachte. Unsere frühere Mutterkuhhaltung konnten wir nicht mehr aufrechterhalten. Notdürftig hatten wir eine kleine Tierschutzhütte, die wir noch etwas mehr abdichteten. Überrachenderweise machte das den Tieren wesentlich weniger aus als befürchtet. Im Gegenteil, sie freuten sich bärig. Sie waren frei und wurden im Winter nicht wieder in die blöden Ställe zurückgeführt. Wir sahen, als es das erste mal schneite, wie die Kälber sich freuten. Sie sind im Schnee wie toll herumgerast.
Das Problem war anfangs, dass gelegentlich ein Jungrind zu früh belegt wurde obwohl wir kein Kraftfutter fütterten. Das hat sich mit der Zeit gegeben. Da die Tiere sich selbst überlassen blieben, bildeten sich interessante Charaktere heraus. Sie konn­ten sich frei entwickeln, was schön anzuschauen war. Die Frei­heit machte sie auch stolz und reifte sie zu Persönlichkeiten.
Damals war die Schlachtung schwierig. Wir transportierten ja noch die Tiere zum Schlachthof. Bei den Tieren, die noch den Stall in Erinnerung hatten, ging es. Aber die Tiere, die nur die Freiheit kannten, ließen sich nicht in einen Anhänger zerren. Im Oktober 1986 wollten wir einen Bullen verladen, was uns in 2 Stunden nicht gelang. Dann holte der Metzger sein Bol­zen­schuss­ge­rät auf die Weide. Damit war die Methode geboren,

 

dass die Tiere nicht mehr transportiert, sondern auf der Weide getötet wurden. Die Schlachtmethoden, erst mit dem Bol­zen­schuss­ap­pa­rat und dann mit dem Gewehr, gingen zwar die ersten Jahre gut, riefen aber die Behörden auf den Plan. Mir wurden immer wieder Steine in den Weg geworfen, die mich in den Ruin trieben. Wenn es nicht Menschen gegeben hätte, die mich mit Spenden wieder auffingen, wäre alles zunichte ge­we­sen. In der Zwischenzeit praktizieren ca. 100 bis 200 Landwirte die Methode, dass die Rinder nicht mehr zum Schlachthof trans­por­tiert, sondern vor Ort getötet werden.
Ein anderer Kampf, den wir noch ausfechten müssen, ist, dass unsere Tiere keine Ohrmarken tragen. Sie brauchen den Schmerz des beidseitigen Ohrmarkenanbringens und das versehentliche Abreißen von Ohrmarken durch hängenbleiben nicht ertragen. Unsere Tiere sind mit einem Mikrochip, der schmerzfrei unter die Haut eingesetzt wird, sicher ge­kenn­zeich­net. Lesen Sie dazu weiter unter Tierschutzverein Uria e.V. - Ohrmarken↑ und der Artikel Ohne Ohrmarken↑.
Wer eine Herde frei halten möchte, muss also einiges beachten und braucht einen gewissen Rinderverstand. Er muss seine Tiere beobachten um ggf. richtig eingreifen zu können. Nach einer Übergangsphase spielt sich dann das Verhalten der Tiere aber ein und man hat eine glückliche Herde.
SIBIEN: Wie ich vernahm, machten Sie die Not zur Tugend weil Sie zu wenig Zeit für die Tiere hatten.
ERNST HERMANN MAIER: Richtig. Es gibt zwar Großbetriebe, die wesentlich wirtschaftlicher arbeiten wie wir, aber die Tiere sind dort das ganze Jahr eingesperrt und können sich nicht frei entwickeln. Wir brauchen zudem kaum noch den Tierarzt und nur selten Medikamente. Für unsere Herdengröße brauchen wir nur noch zu zweit insgesamt täglich 4 Stunden. Es ist zudem eine Freude unsere wirklich glücklichen Rinder zu beobachten.

30.6.2014 ■ RALF G. MOSNY
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© Ernst Hermann Maier 

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