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  ausbilden. Ein Lehrling kostet 1000 € im Monat. Ein Beispiel: Unser Lehrmadl war jetzt eine Woche in der Schule, eine Woche im Urlaub, eine Woche wieder in der Schule und letzte Woche krank, also vier Wochen nicht da.
Das geht dann drei bis vier mal im Jahr so. Somit sind 4000 € weg. Dann kommt es darauf an, was der Lehrling kann. Meine Tochter muss sich zwar alles hart erarbeiten, aber sie hat wegen nur 3 Punkte die deutsche Meisterschaft verpasst. Nach der Lehre sind sie fertig und gehen wo anders arbeiten. Man soll ja nicht im eigenen Betrieb bleiben, in dem man gelernt hat. In der Großstadt München gibt es in diesem Schuljahr nur fünf Lehrlinge die ausgebildet werden. Davon bildet bereits drei die Schuhfabrik Meindl aus und ein Lehrling ist in unserem kleinen Betrieb. Es gibt sich heute keiner mehr die Mühe und nimmt sich die Zeit, mit seinem Lehrling hinzusetzen und mit ihm zu arbeiten. Der Nachwuchs wäre schon da. Es fehlt an den Lehrstellen. Leider fehlt aber auch bei den heutigen Lehrlingen die Begeisterung. Zudem stellen sie allerlei Forderungen. Kaum waren sie in der Berufsschule, erhalten sie gesagt was sie alles dürfen und nicht machen brauchen. Das macht keinen Spass mehr. Ich habe auch keine Lust mehr einen neuen Lehrling einzustellen. Ich kann nur von mir sagen: Ich war immer nur begeistert von meinem Beruf. Mein erstes Ziel war, heim von der Lehre – von meinem ersten Lehrgeld hatte ich mir eine kleine Werkstatt im Heizungskeller eingerichtet – und dann habe ich noch drei, vier Stunden geübt. Zum Essen hatte ich kaum Zeit. Es war nur schnell Nahrungsaufnahme und dann wieder in den Keller. Ich wollte Schuhmacher werden! Im Betrieb haben sie alle gelacht. Aber nach einem Monat kam ich bereits mit meinem ersten Schuh daher. Es zwar alles falsch, aber man konnte diesen Schuh schon tragen. Diese Leidenschaft fehlt heute ein bisschen.


Meisterstück von Sven Grüner

Die Wertschätzung für Qualität hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr verändert. Wie drückt sich das an den Schuhen aus, die Sie sehen?

 

An den Schuhen wird immer mehr Betrug ausgeübt. Die Zwischen- oder Brandsohlen werden aus Altpapier gemacht, die Nähte sind nur noch oben aufliegend und werden nicht mehr durchgenäht. Es sei denn, Sie geben mindestens 500/600 € aus.
Ich habe italienische Schuhe für 300 € gesehen mit Absetzen aus Pappe. Früher war alles aus Leder, der ist nie her­un­ter­ge­fal­len und ist nie gebrochen. Die Pappe quillt im Regen auf. Alles wird teurer und schlechter. So wirkt sich das auf die Schuhe aus.
Kann man als Endverbraucher beurteilen, was man für Qualität kauft?
Nein, es wird gemogelt ohne Ende – das kann man nicht sehen. Es gibt ganz selten Schuhe die in einem Preissegment von 300 € die gute Qualität haben. Solche sehe ich vielleicht in der Woche bei 10 paar Schuhen. Wir haben täglich ca. 50 paar Schuhe. Gute Schuhe findet man sicher nur in einem hohen Preis­seg­ment. Und ein guter Schuh ist auch für die Füße wichtig. Ich bin eigentlich Orthopädie-Schuhmacher. Da sehe ich viel. Die Leute achten auf Ihre Füße nicht so wie beispielsweise auf die Be­rei­fung ihrer Fahrzeuge. Für Alufelgen wird viel Geld aus­ge­ge­ben, aber Schuhe werden billig beim Discounter gekauft. Ich sehe eben, wie die Füße vernachlässigt werden. Pflegen Sie Ihre Füße auch einmal damit, dass Sie den ganzen Tag barfuß ge­hen – am besten auf der Wiese oder, wie ich, auf dem Acker.
Spüren Sie einen guten Schuh an den Füßen. Wenn er kalt ist, dann ist er noch hart. Weich wird er durch die Wärme und Feuch­tig­keit. Wir machen gute Massschuhe, die Sie sehr lange haben und nicht mehr ausziehen wollen. Die kosten ca. 1500 €.
1950 kosteten Schuhe neu besohlen 50 Pfennig, ein paar neue Schuhe bis 18 Mark. Heute kostet das Besohlen durchschnittlich 25 €, ein paar neue Schuhe zwischen 20 und 1000 €.
Ja, aber damals kosteten die Massschuhe nicht 18 Mark, son­dern es waren ganz normale Konfektionsschuhe. Der Massschuh hat auch schon 200/300 Mark gekostet. Gleich nach dem Krieg gab es gar keine Konfektionsschuhe. Es kamen dann die Firmen wie Salamander, Loyd oder Medikus – alles deutsche Firmen. Heute wird fasst alles im Ausland produziert. Ich habe mir Fabriken angesehen – viel Kinderarbeit zu Billiglöhnen in gesundheitsgefährdenden Verhältnissen. Außerdem wird meist nur noch chemisch gegerbt, weil die Leute nicht mehr bereit sind die Naturgerbung zu bezahlen. Es gibt deshalb nur noch ganz wenig Gerber in Deutschland. Wir machen zum Beispiel hirschlederne Hosen, natürlich naturgegerbt, für 500 bis 600 €. Das ist eine Hose, die man gerne trägt und nicht die auf Hirsch getrimmten Rindslederhosen. So eine echte Hirschhose wächst auch mit, wenn man etwas dicker wird. Das Leder hält es aus, weil es sich dehnt, wenn es muss.

9.7.2012 • Ralf G. Mosny 

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